20.09.2014 12:23
Schneller, teurer, bombastischer
Singapur ist die andere Formel 1
Von Steffen Schmidt, Singapur
(Foto: dpa)
Im Zuge des Chaos’ um das Funkverbot erscheint die Formel 1 nicht unbedingt im besten Licht. Das gibt es auf der nächtlichen Strecke von Singapur indes reichlich. Es zeigt, welch besonderen Rang der asiatische GP einnimmt.
Marode Tribünen, chaotische Organisation, zusammenfallende Toilettenhäuschen – so präsentierte sich die Formel 1 gerade erst im altehrwürdigen königlichen Park von Monza. Auf den Anachronismus im Rennkalender folgt der rasante Schwenk in die Zukunft: Formel 1 in Singapur, das ist Gigantismus in Reinform.
Allein die Dimensionen Singapurs lassen einen mit offenem Mund dastehen. Auf einer Fläche, die von der Größe vergleichbar ist mit Hamburg, tummeln sich 5,3 Millionen Einwohner. Hier ist alles noch größer, höher, schneller, weiter, teurer, bombastischer als anderswo: Höherer Stromverbrauch als Las Vegas, umsatzstärkster Hafen der Welt, sauberste Stadt der Welt, höchste Bar der Welt, größte Aussichtsplattform der Welt, höchster Außenpool der Welt undundund – ein Superlativ jagt das nächste.
Selbstredend, dass ein Formel-1-Rennen hier ein wenig anders abläuft als in Monza. "Der Große Preis von Singapur ist eines der Wunder des modernen Sports", meint Jenson Button. Das ganze Wochenende fühle sich "anders" an. "Wenn du am Donnerstagnachmittag erstmals durch das Fahrerlager gehst, spürst du eine Energie, die dich nicht mehr los lässt. Du kannst die Atmosphäre förmlich fühlen, Anspannung und Erwartung werden höher und höher, je weiter es auf das Rennen Sonntagnacht zugeht."
Ausgetragen wird das Rennen vor der atemberaubenden Skyline Singapurs an der Marina Bay. Die Besonderheit: Gefahren wird im Dunkeln – zumindest theoretisch, denn praktisch erhellen rund 1500 Lichtprojektoren den Kurs. "Hier in der Startaufstellung unter Tausenden von Scheinwerfern zu stehen, fühlt sich an, als stehe man auf der Bühne und warte darauf, dass die Aufführung beginnt", beschreibt der Mercedes-Technikverantwortliche Paddy Lowe das besondere Singapur-Gefühl.
Hamilton von Singapur überwältigt
Als "einfach unwirklich", empfindet Nico Rosberg diese Science-Fiction-Szenerie. "Es herrscht eine wahnsinnige Atmosphäre und die ganze Stadt erwacht an dem Rennwochenende zum Leben. Ich kann nur jedem, der die Möglichkeit dazu hat, empfehlen, hier hinzukommen", schwärmt der WM-Leder. Es sei eine fantastische Erfahrung: "Die Strecke, die Stadt, die Stimmung, alles!" Für Rosbergs Teamkollegen Lewis Hamilton ist das Event schlicht und ergreifend "mega".
Dabei ist die Verwandlung der Straßen der ‘Löwenstadt’ in eine grell beleuchtete Rennstrecke nicht das einzige Highlight. Während in Monza auf einer verschämt-versteckten Eventbühne eine drittklassige Heavy-Metal-Band vor sich hin lärmte, stellt das Lineup in Singapur so manches Musik-Festival in den Schatten. Im Rahmenprogramm (!) des Grand-Prix-Wochenendes treten Top-Acts wie Robbie Williams, Jennifer Lopez, Ziggy Marley und die Pet Shop Boys auf. Den Zuschauern werde mit "Musik-Acts der Weltklasse, Theater-Performances, Illusionisten und Artisten Non-Stop-Action" geboten, versprechen die Ausrichter.
So viel Spektakel hat natürlich seinen Preis. Das billigste Ticket für Sonntag kostet 127 Euro. Nach oben hin gibt es keine Grenzen. Wer seine Zeit von Freitag bis Sonntag im Paddock-Club verbringen möchte, muss dafür 6124 Euro auf den Tisch legen. Doch wo, wenn nicht in Singapur, lassen sich solche Preise nehmen? Das Bruttoinlandsprodukt ist kaufkraftbereinigt pro Kopf mit 64.584 Euro das dritthöchste der Welt. Das ist mehr als doppelt so hoch wie in Italien – ein weiterer Kontrast zwischen Monza und Singapur.
sport.de
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